Heute fahre ich mit dem Zug. Ich sitze am Fenster und die Landschaft fliegt an mir vorbei. Ich mag Zugfahrten. Man kann einfach nur sitzen und nachdenken. Ich will meine Tante in einer kleinen Stadt im Süden besuchen. Ich habe sie lange nicht gesehen und freue mich sehr.

Der Zug ist ziemlich voll. Gegenüber von mir sitzt eine junge Frau. Sie muss für die Universität lernen, denn sie hat viele Bücher vor sich. Neben mir sitzt ein alter Mann. Er will schlafen, aber das Baby in der Reihe vor uns ist sehr laut. Er kann also nicht schlafen. Ich lächle ihn an. Er zuckt mit den Schultern und lächelt zurück. Manchmal kann man die Situation nicht ändern. Man muss sie einfach akzeptieren.

Ich schaue aus dem Fenster. Ich kann kleine Dörfer und grüne Wiesen sehen. Die Sonne scheint. Was für ein schöner Tag! Ich möchte ein Foto machen, aber mein Handy ist in meiner Tasche und meine Tasche ist oben im Gepäckfach. Also gut, dann darf das Bild eben nur in meinem Kopf existieren. Manchmal ist das sogar besser.

Eine Durchsage kommt: „Sehr geehrte Fahrgäste, wir haben eine kleine Verspätung. Wir müssen auf ein Signal warten.“ Oh nein. Ich soll eigentlich in zehn Minuten umsteigen. Das kann ich jetzt nicht schaffen. Was soll ich tun? Zuerst bin ich ein bisschen nervös. Ich will pünktlich bei meiner Tante sein.

Aber dann atme ich tief durch. Ich kann den Zug nicht schneller machen. Ich muss einfach warten. Also beschließe ich, die Zeit zu nutzen. Ich gehe zum Bordbistro. Ich darf mir einen Kaffee kaufen, das ist eine gute Idee.

Im Bordbistro ist es ruhiger. Ich bestelle einen Milchkaffee. Die Verkäuferin ist sehr nett. „Einmal warten, bitte“, sagt sie. Ich lache. „Ja, das müssen wir heute alle.“ Sie lächelt. Mit meinem warmen Kaffee setze ich mich an einen kleinen Tisch. Ich darf jetzt in Ruhe meinen Kaffee trinken.

Ich denke über meine Tante nach. Sie sagt immer: „Du sollst dir keinen Stress machen. Die wichtigen Dinge im Leben können warten.“ Sie hat so recht. Ob ich eine Stunde früher oder später ankomme, ist nicht wirklich wichtig. Wichtig ist, dass wir uns sehen.

Nach einer halben Stunde fährt der Zug weiter. Ich gehe zurück zu meinem Platz. Der alte Mann schläft jetzt. Das Baby ist auch leise. Die junge Frau liest immer noch in ihren Büchern. Alles ist friedlich.

Als ich endlich ankomme, ist die Sonne schon fast untergegangen. Meine Tante wartet am Bahnhof auf mich. Sie umarmt mich fest. „Ich wollte mir schon Sorgen machen!“, sagt sie. „Musstest du lange warten?“, frage ich. „Ach was. Ich konnte in der Zeit ein schönes Buch lesen“, antwortet sie.

Wir gehen zu ihrem Auto. Der Abend ist kühl und klar. Ich bin müde, aber glücklich. Eine Reise ist nicht immer perfekt. Man kann nicht alles planen. Manchmal muss man flexibel sein. Und vielleicht sollte man das auch sein. Denn die unerwarteten Pausen sind oft die Momente, in denen man die Reise am meisten spürt.